Spielintelligenz kindgerecht fördern – Fair Play 4.0

Erfahrungsbericht von Claudia Angelski

Bei Sonnenschein und gefühlten 24°C fuhren Martin Gründel (G-Trainer) und ich (G-Trainer, F-Betreuer und Vorstandsmitglied) zu einer Schulung von Herrn Prof. Dr. Lochmann zum Thema „Funino – kindgerechtes Fußball“. Die Schulung, mit organisiert vom Nachwuchsleistungszentrum vom FC Carl Zeiss Jena, bestand aus einem theoretischen Teil im VIP-Bereich des Ernst-Abbe Stadions in Jena und einem praktischen Teil mit Kids aus Jena im Alter von 7-8 Jahren.

Im theoretischen Teil zeigte Herr Prof. Dr. Lochmann uns und vielen anderen Trainern, warum wir aufhören müssen unsere Jüngsten in einen 7 vs. 7 Spielbetrieb zu stecken, wo sie oft angebrüllt werden, weil sie die Anforderungen des Spiels nicht erfüllen, die sie meist noch  gar nicht erfüllen können.  Eine Praxis mit der wir sämtliche Kinderrechte verletzen. Dann stellte er uns eine mögliche Alternative vor,  wie wir kindgerechten Fußball spielen und gleichzeitig ALLE Kinderrechte einhalten können.

Anschließend präsentierte er uns das dann auch auf einem Feld. Zuerst 7 vs. 7:
24 Kinder mussten sich aufteilen und festlegen,

  • wer komplett draußen bleibt (die Kids, die sonst zu Hause bleiben),
  • wer auf die Auswechselbank geht und
  • wer auf dem Feld welche Position einnimmt.

Das Gemotze könnt Ihr Euch vorstellen. Während des Spiels war die Traubenbildung um den Ball und wenig vom bekannten Erwachsenenfußball zu sehen.  Das riesige Halbfeld wurde nicht ausgenutzt und viele Kinder waren ohne Ballkontakte (insbesondere Abwehr, Torwarte). Wie soll das auch gehen? Kinder sind in den jüngeren Jahren ausschließlich auf zwei Dinge fixiert: Ball und Tor!

Wenn wir das nutzen und die Spielform den Kindern anpassen, dann bekommen wir auf einmal

  • Spielzüge zu sehen,
  • Kids, die lachen,
  • Kids, die alle am Ball sind,
  • Tore am Fließband
  • Kids, die wesentlich häufiger passen,
  • Kids, die sich auf einmal aufteilen,
  • Kids, die miteinander reden, und und und.

Wir haben es live gesehen und es war unglaublich. Die Kids sind auf die FUNinofelder gewechselt und alle 24 Kinder haben gespielt: 3 vs. 3 + je ein Rotationsspieler. Sobald ein Tor gefallen ist, ging ein Spieler pro Team raus und der Rotationsspieler rein. Keiner stand lange rum. Und auch die Leistung wurde gemessen, denn alle 7 min wechselten die Gewinner ein Feld (Liga) hoch und die Verlierer rutschten ein Feld ab. Aber in den nächsten 7 Minuten hatten sie erneut die Möglichkeit sich zu beweisen und sich zu messen.

Besonders beeindruckend für mich war die Frage eines hochroten Jungens nach den Spielen, wo alle sich kurz vor uns hin setzen sollten: „Wann spielen wir weiter?“. Alle Kids waren durchgeschwitzt, durstig und hatten rote Wangen, die Augen leuchteten. Auf die Frage, wer alles ein Tor geschossen hat, flogen fast alle Hände in die Höhe und das bei nur 3×7 Minuten. Die Kids waren begeistert, dass keiner mehr zu Hause bleiben musste, keiner lange draußen war und auch mal die Top-Spieler vom Feld runter mussten und die anderen gespielt haben. Ich bin jetzt noch total begeistert und mitgerissen von der Freude der Kids.

Danach zeigte uns Herr Prof. Dr. Lochmann noch ein paar Trainingsspiele und Übungen und wie er die Kids als Trainer unterstützt. Denn seine Philosophie ist es außerdem

  • den Kids viele Fragen zu stellen und
  • sie anzuhalten, selbst über mögliche Lösungen nachzudenken,
  • allein, und/oder im Teamwork nach Lösungen/Taktiken zu suchen und sie auszuprobieren.

Die Kinder zeigten uns Dreiecksformen, hochstehendes Verteidigen und damit Grundzüge vom Pressing, Konterfußball mit  Gegnerdruck von hinten, 2 gegen 1, schnelles Umschaltspiel, spielen in Unterzahl und und und … Es wurde aber nie über Pressing und Umschaltspiel usw. gesprochen, sondern die Aufgabe war lediglich Tore zu schießen und zu verhindern. Bei jeder Übung erklärte Herr Prof. Dr. Lochmann nur kurz die Regeln und ließ die Kids es ausprobieren. Dann fragte er sie, was sie besser machen können. Bei manchen Übungen bat er die Teams sich zusammen zu finden und eine Taktik zu besprechen. Ihr glaubt nicht, was die Kids alles ALLEIN gesehen, erkannt und gelöst haben. Der Trainer brauchte nur Fragen stellen und die Kids waren eifrig, total motiviert, probierten verschiedene Lösungen und sie sprachen auf dem Platz miteinander. Genauso wie es sich viele Trainer wünschen und das ganz von ALLEIN! Und sie hatten richtig viel Spaß. Und wir haben Spielzüge gesehen, von denen Trainer nur träumen können. Und dass, obwohl es die gleichen Kids wie vom großen Feld waren, wo nur Traubenbildung um den Ball zu sehen war.

Ich bin immer noch tief beeindruckt was auf einem FUNinofeld alles gemacht werden kann und kein Kind wurde angebrüllt oder stand mit hängenden Schultern da. Es gab kein besseres und schlechteres Kind.

In Hannover, Bayern, Hamburg, Hoffenheim gibt es sie bereits die FUNino Festivals anstelle der 7 vs. 7 Punktspiele. Lasst uns in Brandenburg die Ersten sein und unterstützt uns dabei, auch bei uns kindgerechten Fußball im Spielbetrieb zu etablieren, um die Rechte der Kinder einzuhalten und mehr Spaß am Spiel zu vermitteln. Die Botschaft am Ende von Herrn Prof. Dr. Lochmann war ungefähr so: Die Kinder haben keine Zeit. Wir dürfen nicht warten bis irgendjemand seine Meinung ändert, sondern wir müssen es einfach machen!

In Holland und den USA machen sie es uns übrigens vor. Dort wird ab der neuen Saison landesweit das Spielsystem auf das Alter der Kinder zugeschnitten.

Danke für diesen tollen und interessanten Tag! Jetzt wollen wir uns Herrn Prof. Dr. Lochmann nach Brandenburg einladen, damit wir Euch das auch mal zeigen können. Mehr dazu seht Ihr Donnerstag übrigens im MDR im Thüringen Journal.

Wer Fragen hat, einfach fragen. 😉

FUNino ist von Herrn Wein entwickelt worden. Ohne Horst Wein hätten wir diese tolle Erfahrung nicht machen können. Hoffentlich profitieren immer mehr Kids von seinen Ideen und bleiben dem Fussball mit Freude lange erhalten. 😉