Bericht zur FUNiño-Fortbildung im Erzgebirge

Am letzten Wochenende waren Martin Gruendel und Claudia Angelski im verschneiten Erzgebirge zu einer FUNiño-Fortbildung um folgende Fragen mit dem KSB Erzgebirge (Daniel Schneider), Matthias Lochmann, den Teilnehmer in einem Theorie- und Praxisteil mit Kindern zu klĂ€ren und noch mehr zu FUNiño im Training zu lernen: 

  • Wie verringern wir die Drop Out Rate im Jugendfußball?
  • Trainieren wir kindgemĂ€ĂŸ? Trainieren wir das, was die Kids bei den Spielen „falsch“ machen? (Fehler entstehen durch eine falsche Wahrnehmung, eine falsche Entscheidung und weil sie die Situation nicht verstehen)
  • Wie können wir Spaß im Fußball (vor-)leben?
  • Wie können wir Leistungssteigerung und Spaß miteinander verbinden?
  • Wie können wir ALLE Kinder ausbilden und kindgerecht fördern?

Freitagabend dĂŒrften wir Teilnehmer selbststĂ€ndig ausprobieren, wie es sich anfĂŒhlt auf einem FUNiño-Feld im 3 gegen 3 anzutreten im Fußball, Handball und Hockey. Wechselweise ohne Handicap und dann mit Augenklappe und Strobobrille. Es war schweißtreiben und richtig spaßig.

Samstag tauchten wir kurz in die Theorie ein, um uns dies mit 8 Kindern um die 7-8 Jahre live in einer 3-Feld-Halle demonstrieren zu lassen. Theorie bei Fairplay 4.0 heißt: Die Lenkungswirkung der Wettkampfstruktur ist zu groß. Trainer trainieren das, womit sie denken, die WettkĂ€mpfe gewinnen zu können (7 vs. 7 auf 2 Jugendtore). Also dreht Fairplay 4.0 alles um und Ă€ndert die Wettkampfstruktur:

  • kleineres Feld: leichteres Verstehen, Wahrnehmen und Entscheiden
  • 3 vs. 3 mit je 2 Toren: erhöht das Entscheidungsverhalten
  • 2 Tore pro Seite: Ausnutzung des Feldes in der Breite, grĂ¶ĂŸerer Abstand der Tore bringt die Kinder automatisch dazu den Kopf mehr zu rotieren, das Blickfeld wird automatisch grĂ¶ĂŸer
  • Schusszone fördert Ausnutzung des Feldes in der Tiefe und stĂ€rkt die DribblingfĂ€higkeiten
  • kleinerer Ball: bessere Ballbeherrschung, weniger Rollwiderstand
  • weniger Regeln: leichteres Verstehen, Wahrnehmen und Entscheiden
  • keine Positionsfixierung: Ausbildung aller Spieler in allen Positionen
  • 3 vs. 3 mit max. 1 Rotationsspieler und fester Rotationsreihenfolge: Einsatzzeiten erhöhen (Abschaffen der Ersatzbank – alle Kinder spielen)

FUNiño im Training erweitert und erhöht die QualitĂ€t des Trainings und erhöht den Spaßfaktor fĂŒr die Kids. Und im Training ist es nicht nur einfach 4 Tore und ein 3 vs. 3, sondern viel mehr:

  • Kindern selbst aus Fehlern lernen lassen, prĂ€gt sich lĂ€nger ein und sie verstehen eher warum etwas nicht geklappt hat
  • Nicht instruieren, sondern mit Fragen die Entscheidungen unterstĂŒtzen
  • Mit Variation von Raum, Zeit und Ball die Kids unterstĂŒtzen beim Wahrnehmen, Entscheiden, Verstehen und AusfĂŒhren
  • (analog Life Kinetik) Rechenaufgaben, Englisch, Deutsch mit den Spielen kombinieren
  • Wenn der Trainer eher auf die Einhaltung von Regeln achtet, anstatt zu sagen was die Kids falsch machen, sind die Kids automatisch bemĂŒht, die Regeln einzuhalten:
    → z.B. Regel im FUNiño Feld lĂ€ngst geteilt: es gibt einen Freistoß oder ein Gegentor, wenn alle 3 Kinder der ballbesitzenden Mannschaft sich in einer LĂ€ngshĂ€lfte befinden.  â†’ Das machen die Kids garantiert nur 3 Mal. Der Trainer pfeift jedes Mal ab und weist auf die Regel hin. Wir haben gestaunt, wie schnell die Kids die Breite des Feldes genutzt haben, ohne Traineranweisung.

Das haben wir uns in der Praxis mit 8 Kids angeschaut. Ein Training nach dem Konzept von Horst Wein ist folgendermaßen aufgebaut:  FUNiño Spiel, eine Übung zu den gesehenen „Fehlern“, FUNiño Spiel, eine Übung zu den gesehenen „Fehlern“, FUNiño Spiel. So können die Kids das machen, was sie am liebsten tun und sind immer am Ball.

Die Übungen beinhalten alle einen hohen Grad der Bestandteile des Lösungsprozesses in Sportspielen: Wahrnehmen, Verstehen, selbststĂ€ndig Entscheidungen treffen, Entscheiden und AusfĂŒhren. Z.B. wird nicht einfach in einem Parcours gedribbelt, sondern das Dribbling immer kombiniert mit Kopf- und Aufmerksamkeitsaufgaben (siehe Labyrinthvariationen von Horst Wein) oft im Wettkampf mit anderen Kindern. Ein Kind war z.B. bei 3 DurchlĂ€ufen im Labyrinth immer langsamer als das andere. Nach einer Motivationsfrage: „Bist Du so schnell gelaufen wie Du kannst? Probiere es nochmal.“, hat das Kind auf einmal den kĂŒrzesten Weg durch 8 Tore gefunden und war auch noch schneller als das andere Kind. Es war beeindruckend.

Herr Prof. Dr. Dr. Lochmann hat wÀhrend der Fortbildung den Kids hauptsÀchlich Fragen gestellt. Wie z.B. welches Tor ist gerade am gefÀhrdetsten, wie stellt Ihr Euch am besten auf, von wo startet Ihr am besten ins Feld, wie verteidigt Ihr am besten
Und die Kids wussten von selbst oft die richtige Antwort. Und sonst hat ein kleiner Tipp Wunder gewirkt.

Am Nachmittag hatten wir etwas Ă€ltere Kids in der Halle (10 Jahre) und wir haben uns Trainingsmöglichkeiten fĂŒr den Übergang von FUNiño zu Formiño inkl. Torwart und StĂŒrmertraining angeschaut. Anschließend wurde auf verschiedenen FUNiño Feldern (Hockeytore, 5 Tore, Dribbeltore inkl. Jugendtor dahinter) demonstriert, wie man spielerisch Technik und Spielintelligenz trainieren kann. Schlechte PĂ€sse in den ersten Spielen, wurden nicht mit bekanntem Passtraining trainiert, sondern die Kinder wurden gefragt, wie sie VertrĂ€ge schließen (in die Augen gucken und die Hand geben). Wenn der Abstand zwischen den Kids zu groß ist, wie können die Kids dann einen Vertrag abschließen? Das haben die Kids dann ausprobiert (siehe Video). Ein Pass dĂŒrfte erst gespielt werden, wenn der Vertrag mit den Augen geschlossen wurde. Und was soll ich sagen, die gleichen Kids haben auf einmal 1a PĂ€sse gespielt ohne Anweisung sondern mit Verstehen.

In Kombination mit Exerlights haben die Spiele und Übungen den Kindern noch mehr Spaß gemacht. Die Lichter am Körper und an den Toren, forderten die Aufmerksamkeit noch mehr und waren einfach einzigartig.

Am Sonntag haben wir mit 32 fremden Kids ein Hallen-FUNiño-Festival veranstaltet. Da wir vorher nicht genau wussten, wie viele Kids kommen und wie leistungsstark sie sind, mussten die Festival-Spielform und Mannschaftseinteilung vor Ort gemacht werden. Wir hatten eine 3 Feldhalle und die Kids waren zwischen 4 und 11. Somit haben wir zuerst die Kinder aufgeteilt und in 4 min Spielen die SpielstĂ€rken erspielt. Dann haben wir auf den jeweiligen Feldern, die SpielstĂ€rksten, Mittleren und Unerfahrensten im Modus jeder gegen jeden nach den FUNiño Regeln spielen lassen in einer Hin- und RĂŒckrunde. Noch ein paar Spieler in den Mannschaften getauscht und am Ende haben ALLE Kinder den Arm gehoben, als gefragt wurde, wer alles ein Tor geschossen hat. 😉

Kurzes Fazit: FUNiño = Spaß + kindgerechte Leistungssteigerung im Bereich Verstehen, Wahrnehmen, Entscheiden und AusfĂŒhren fĂŒr alle Kinder. Danach kommt Formiño und viel mehr und zwar entwicklungsgerecht. Es gibt somit eine Lösung alle Kinder mit zu nehmen und intelligent auszubilden, wobei Spaß inkludiert und nicht ausgeschlossen ist. Kein Trainer muss mehr die Kids anbrĂŒllen sondern kann einfach stolz an der Seite stehen. Es wĂ€re schön, wenn uns bald keine Kinder mehr ansprechen mĂŒssen, weil sie so erstaunt sind, dass unsere Kinder Spaß haben und fĂŒr ihre Fehler nicht gerĂŒgt werden, sondern viel gelobt und ermutigt werden.

Danke fĂŒr die lehrreiche Fortbildung und fĂŒr die strahlenden Kinderaugen. Auf die Frage was den Kids am meisten Spaß gemacht hat, habe alle gesagt: Alles und die Lichter 😉 (Exerlights)

Euch allen einen schönen Advent.

Hier zu den Videos, mit Exerlights und hier im Dunkeln.